In der heutigen Arbeitswelt, die durch ein hohes Tempo, ständige Erreichbarkeit und steigende Leistungsanforderungen geprägt ist, wird die psychische Gesundheit von Arbeitnehmern zunehmend belastet. Zwei der häufigsten und zugleich oft unterschätzten Phänomene sind Burnout (Erschöpfungssyndrom) und Mobbing (psychosoziale Schikanierung am Arbeitsplatz). Trotz wachsender öffentlicher Aufmerksamkeit erkennen viele Betroffene die Anzeichen erst spät, oft erst dann, wenn die inneren Ressourcen bereits weitgehend erschöpft sind.
Was ist Burnout?
Burnout ist ein Zustand chronischer emotionaler, geistiger und körperlicher Erschöpfung, der in der Regel durch anhaltenden arbeitsbezogenen Stress entsteht insbesondere dann, wenn die Anforderungen dauerhaft die verfügbaren inneren Ressourcen übersteigen.
Häufige Ursachen für Burnout:
- Chronische Überlastung – zu viele Aufgaben, unrealistische Deadlines, fehlende Erholungsphasen
- Mangel an Autonomie – geringe Einflussmöglichkeiten auf Aufgaben, Ziele und Prioritäten
- Fehlende Anerkennung und Unterstützung – Leistung wird nicht gesehen oder gewürdigt
- Wertekonflikte – Arbeit steht im Widerspruch zu persönlichen Überzeugungen
- Unklare Rollenverteilung – ständige Änderungen und Unsicherheit über Zuständigkeiten
- Konfliktreiche Beziehungen – zwischenmenschliche Spannungen, Isolation
- Monotonie und Sinnverlust – routinierte Aufgaben ohne Entwicklungsmöglichkeiten
- Digitale Überforderung – ständige Erreichbarkeit, Informationsflut
- Perfektionismus – überhöhte Erwartungen an sich selbst, Unfähigkeit zur Selbstfürsorge
Typische Symptome:
- Anhaltende Müdigkeit, Schlafstörungen, somatische Beschwerden
- Konzentrationsstörungen, sinkende Leistungsfähigkeit
- Gereiztheit, Gleichgültigkeit, innere Leere
- Emotionale Distanzierung vom Beruf oder Kolleg*innen
- Verlust von Motivation und Sinn
- Rückzug aus sozialen Kontakten
- Psychosomatische Beschwerden ohne organische Ursache
Burnout betrifft häufig engagierte, gewissenhafte, leistungsorientierte Menschen – jene, die „nie nein sagen“ und ihre eigenen Grenzen nicht mehr spüren.
Mobbing: Chronische psychische Gewalt am Arbeitsplatz
Mobbing bezeichnet systematische, wiederholte und über einen längeren Zeitraum ausgeübte psychische Gewalt, die auf eine einzelne Person abzielt – mit dem Ziel, sie zu entwerten, auszugrenzen oder zu kontrollieren.
Formen von Mobbing:
- Horizontales Mobbing – zwischen Kolleg*innen auf gleicher Hierarchieebene
- Vertikales Mobbing – durch Vorgesetzte („Bossing“) oder seltener durch Untergebene
Typische Mobbingstrategien:
- Aufgabenentzug („leerer Schreibtisch“) oder Überlastung („Überhäufung“)
- Ignorieren, Ausschluss aus Gruppen oder Meetings
- Abwertende Kommentare, ironische Bemerkungen, gezielte Kritik
- Verbreitung von Gerüchten, Angriff auf Ruf und Integrität
- Behinderung beruflicher Entwicklung
Wer ist besonders gefährdet?
Obwohl jede*r Opfer von Mobbing werden kann, sind besonders gefährdet:
- Empathische, hilfsbereite und zurückhaltende Persönlichkeiten
- Perfektionist*innen mit hohem Verantwortungsbewusstsein
- Menschen, die ungern Konflikte austragen und Harmonie anstreben
- Berufseinsteiger*innen oder Personen mit geringem Machtstatus
- Kreative, engagierte, loyale Mitarbeiter*innen mit starkem Wertekompass
Ironischerweise sind es oft gerade diese positiven Eigenschaften, die Neid, Konkurrenzängste oder Kontrollbedürfnisse bei anderen auslösen und so zum Ziel von Mobbing machen.
Psychische Folgen von Mobbing:
- Angststörungen
- Depressive Verstimmungen
- Selbstwertprobleme und Schuldgefühle
- Sozialer Rückzug, Isolation
- Somatisierungsstörungen
Wie kann man sich schützen?
- Grenzen setzen lernen – Nicht jede Aufgabe muss übernommen werden
- Belastungen dokumentieren – Vorfälle schriftlich festhalten
- Unterstützung suchen – HR, Vorgesetzte oder Betriebsrat einbinden
- Psychologische Hilfe in Anspruch nehmen – Gespräche mit Psychotherapeutinnen oder Fachärztinnen können entlasten
- Selbstmitgefühl entwickeln – Burnout und Mobbing sind keine Schwäche, sondern Reaktionen auf ein krankmachendes Umfeld
Die Sorge um das eigene psychische Wohlbefinden ist kein Luxus, sondern eine notwendige Voraussetzung für langfristige Gesundheit, Produktivität und Lebensqualität.
Wenn Sie sich in diesem Text wiedererkennen...
Zögern Sie nicht, Hilfe zu suchen. Je früher, desto besser. Ein Gespräch mit einer Fachperson (Psychiaterin oder Psychotherapeutin) kann helfen, die Situation besser zu verstehen, Ihre Möglichkeiten auszuloten und erste Schritte in Richtung Veränderung zu setzen.
Ihre psychische Gesundheit ist wichtig.
Sie verdienen ein Arbeitsumfeld, in dem Sie wachsen – und nicht ausbrennen.