In den letzten Jahren hat sich ADHS zu einem der meistdiskutierten Themen im Bereich der psychischen Gesundheit auf Social Media entwickelt. Durch kurze Videos, „relatable" Symptomlisten und virale Beiträge erkennen sich viele Erwachsene in Beschreibungen von Ablenkbarkeit, Impulsivität oder Vergesslichkeit wieder. Parallel dazu entsteht jedoch ein Trend, bei dem eine ADHS-Diagnose zunehmend als eine Art modernes Identitätsmerkmal betrachtet wird als etwas Trendiges oder gesellschaftlich Anziehendes.
Dabei ist ADHS im Erwachsenenalter eine ernstzunehmende neuroentwicklungsbedingte Störung, die eine fachgerechte Diagnostik und Behandlung erfordert.
Was ist ADHS bei Erwachsenen?
ADHS ist eine lebenslange Störung. Während im Kindesalter vor allem Hyperaktivität sichtbar ist, äußert sich ADHS bei Erwachsenen häufig durch:
- inneren Unruhezustand und Schwierigkeiten beim Entspannen
- chronische Desorganisation
- Probleme mit Zeitmanagement
- impulsive Entscheidungen und emotionale Reizbarkeit
Viele Betroffene empfinden, dass sie ständig „hinterherlaufen" und mehr Aufwand benötigen, um alltägliche Anforderungen zu bewältigen.
Wie erkennt man ADHS im Erwachsenenalter?
Gelegentliche Unkonzentriertheit ist kein ADHS. Entscheidend sind dauerhafte Symptome, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen.
Kernsymptome:
Unaufmerksamkeit
- leichte Ablenkbarkeit
- häufiges Vergessen
- Schwierigkeiten, Aufgaben abzuschließen
- Probleme, längere Gespräche oder Meetings zu verfolgen
Impulsivität
- Handeln ohne Konsequenzen zu bedenken
- andere unterbrechen
- emotionale Ausbrüche
Hyperaktivität (oft innerlich)
- ständige innere Anspannung
- Drang, immer beschäftigt zu sein
- Schwierigkeiten, zur Ruhe zu kommen
Professionelle Diagnostik
Die Diagnose wird durch einen Psychiater oder Psychologen anhand internationaler Kriterien (DSM-5, ICD-11) gestellt und umfasst:
- klinisches Interview
- Kindheitsanamnese
- psychologische Testverfahren
- Bewertung des Funktionsniveaus im Alltag, Beruf und Beziehungen
Der Trend: „Es ist modern, ADHS zu haben"
Soziale Medien tragen zwar zur Entstigmatisierung bei, bringen aber auch Risiken mit sich:
- Romantisierung der Symptome
- massenhafte Selbstdiagnosen
- Wahrnehmung von ADHS als Trend oder Lifestyle
- Gleichsetzung der Diagnose mit der persönlichen Identität
Für manche bietet eine Diagnose Erleichterung. Bei anderen überlagert der Trend jedoch mögliche zugrunde liegende Probleme wie Angststörungen, Depressionen, Burn-out oder Schlafstörungen.
Behandlungsmöglichkeiten bei ADHS im Erwachsenenalter
Eine wirksame Therapie ist meist multimodal:
-
Medikamentöse Behandlung
Stimulanzien und Nicht-Stimulanzien verbessern Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und Exekutivfunktionen. -
Psychotherapie (insbesondere KVT)
Fördert Organisation, Emotionsregulation und Bewältigungsstrategien. -
Strukturierte Routinen
Planer, Erinnerungen, feste Tagesstrukturen. -
Alltags- und Verhaltensstrategien
Priorisierung, Aufgabenzerlegung, Zeitplanung. -
Behandlung von Komorbiditäten
Häufig bestehen gleichzeitig Angststörungen, Depressionen oder Schlafprobleme.
Fazit
ADHS bei Erwachsenen ist real, komplex und herausfordernd. Gleichzeitig trägt die Social-Media-Kultur dazu bei, die Diagnose gelegentlich als Trend erscheinen zu lassen.
Eine Diagnose ist jedoch kein Modetrend und keine Identität, sie ist ein Weg zu mehr Selbstverständnis und besserer Lebensqualität.
Wenn Sie sich in diesen Symptomen wiedererkennen, vereinbaren Sie einen Termin für eine umfassende diagnostische Abklärung.